Es gibt Gegenden, Straßen und Plätze in seiner Heimatstadt, zu denen man einfach ein gewissen Bezug hat. Meist hat man dort gewohnt, gearbeitet oder einfach mehr Zeit verbracht, als an anderen Orten.
Die heutige Fototour, bei der Ihr mich im Rahmen dieses Blogbeitrages begleiten könnt, führt uns durch die Grazer Leonhardstraße. Sie war doch acht Jahre Teil meines täglichen Weges zum Gymnasium in der Lichtenfelsgasse und ist bis heute eine meiner Ausfahrtsstraßen aus der Innenstadt nach Hause.
Acht Jahre stieg ich an der Haltestelle Lichtenfelsgasse aus, wo es ein Cafe gab, indem wir Schülerinnen und Schülern der unteren Jahrgänge uns immer mit den Coca Cola Fläschchen (“Happy Cola”) oder ähnlichem Zeugs, das damals noch einzeln verkauft worden war, eingedeckt haben. An heißen Tagen auch schnell ein Eis, bevor es zum Mittagessen nach Hause ging.
In den oberen Jahrgängen wurde Samstag zu Mittag (damals war noch Samstag ein Schultag), ein anderes Cafe, das gleich daneben lag, besucht. Es lag unter dem Straßenniveau, man musste einige Stufen hinabsteigen und wenn man die Türe öffnete, sah man einmal vor lauter Rauch gar nichts. Meist blieb es nicht beim Cafe, sondern als “Oberschüler” der letzten Klasse gönnte man sich da nach anstrengender Schulwoche schon einmal ein Bier mit seinen Schulkollegen, die man dann zumeist am Abend beim Fortgehen wieder traf… .
In der Einleitung zu meinem Fotoprojekt “Graz is it? It is! Urban still life, urban street life” habe ich erwähnt, dass ich mir gerne bewußt gewisse Straßen vornehme, durch die ich in Hinblick auf interessante Fotomotive spaziere. So steht die Leonhardstraße auch repräsentativ für mein Fotoprojekt, weil ich sie gut kenne, aber meist nur mit dem Auto hindurchfahre bzw. sie zu Schulzeiten mit der Straßenbahn oder mit dem Fahrrad durchquert habe. Und gerade hier war es bei meinem Spaziergang spannend Dinge zu entdecken, die einem - im vermeintlich Bekannten - neu vorkommen und fremd sind. Blickwinkel, Details, Ansichten, die mir beim bloßen, achtlosen Durchfahren bis dato nicht aufgefallen sind. So hat diese Leonhardstraße mir zahlreiche Fotomotive abgegeben, die ich in diesem Blogbeitrag vorstelle.
Es handelt sich um eine Straße, die am einen Ende in der Innenstadt anfängt (oder endet, je nachdem von wo man kommt...) und am anderen Ende schon fast in einen Randbezirk mündet. Sie misst in etwa 1,5 km und ist die “Hauptstraße” durch den 2. Grazer Stadtbezirk “St. Leonhard”. Sie war vor über 100 Jahren Teil der Grazer Vorstadt, das sie an ein paar Häusern auch heute noch zeigt. Sie ist an vielen Stellen schmal, ein “Abstandhalten”, wie es die “COVID-19 - Maßnahmen" verlangen, ist an manchen Stellen schwierig. Die beiden Fahrspuren teilen sich zwei Straßenbahnlinien, Autos und Radfahrer. Zahlreiche kleinere Geschäfte mit individuellem Angebot laden zum Einkaufen ein, die am ehesten als “Nahversorger” einzustufen sind. So gibt es noch ein Elektrogeschäft, einen Geigenbauer, einen Schlosser und zahlreiche andere kleinere Läden; große Ketten sind hier noch nicht zu finden. Dazu gibt es auch ein vielfältiges gastronomisches Angebot.
Für alle die sich für die Straßen von Graz, was ihre Geschichte anbelangt, was geblieben ist und verloren ging, interessieren, gibt es ein nettes Buch aus der "KleinenZeitung Editon": “Grazer Spaziergänge mit Paula” (da dies eventuell als Werbung gelten könnte, halte ich der guten Ordnung halber fest, dass dies aus freien Stücken passiert und das Buch habe ich zum Geburtstag geschenkt bekommen).
Ein Spaziergang durch die Leonhardstraße ist abwechslungsreich und ich würde mich freuen, wenn das die Bilder, die ich dabei gemacht habe, auch ausdrücken.
Bilder aus meiner Serie "minimal scenery" gibt es über Photocircle zu kaufen.
Kuratierte Kunst für eine bessere Welt, denn für jeden Kunstdruck, der gekauft wird, pflanzt Photocircle Bäume in Äthiopien. Ziel ist es, 200.000 neue Bäume bis Ende 2020 gepflanzt zu haben.
Kommentar schreiben
Hans-Peter Wiechers (Sonntag, 19 April 2020 13:13)
Guten Tag,
die Bilder und Texte und vor allem deine Gedanken haben mich neugierig gemacht. Wenn es wieder möglich wird, muss ich unbedingt noch einmal nach Graz reisen. Das wäre dann mein zweiter Besuch - der erste war vor 15 Jahren.
Ich schau deiner Arbeit jedenfalls weiter zu.
Herzlich, H.-P..