· 

Glück auf, Eisenerz!

Das "alte" Rathaus wurde 1535 erbaut, beherbergt heute das Stadtmuseum.
Das "alte" Rathaus wurde 1535 erbaut, beherbergt heute das Stadtmuseum.

Wie geht man fotografisch an eine Stadt heran, von der man weiß, dass sie einen der stärksten Bevölkerungsrückgänge in den letzten Jahrzehnten in Österreich hat? Sie zählt außerdem zu den “ältesten” Städten Österreichs, weil rd. 40 % der Einwohner älter als 65 Jahre sind. Im Kopf hat man einige Berichte in Zeitungen, die immer wieder Todesurteile über diese Stadt fällen. 

 

Am besten unvoreingenommen. Und das war gut so. Ich besuchte Eisenerz vor ca. 14 Tagen  das erste Mal wieder nach rd. 25 Jahren, hatte also nicht wirklich eine bildliche Erinnerung von meinem damaligen Ausflug im Kopf. Tieferstehend ein paar Impressionen von meinem "Fotospaziergang" im Stadtzentrum:

(Fotos können zum Vergößern "angeklickt werden")

Rd. 13.000 Einwohner zählte Eisenerz in den 50er Jahren zur Blüte des Erzabbaues am mächtigen Erzberg, zu dessen Füßen die Stadt liegt.  Heute leben noch knapp 4.000 Menschen hier. Der janusköpfige Fotograf sieht neben den Sehenswürdigkeiten natürlich auch die Spuren, die dieser Rückgang hinterlässt: Leere Geschäfte, geschlossene Betriebe, Häuser, die sukzessive verfallen, stehen  im Gegensatz zu einem historisch gewachsenen Altstadtkern, der diese Bergstadt prägt. Eine Stadt, wenn man durch sie spaziert, jede Menge Geschichte ausstrahlt und erzählt. 

Der Schichtturm gehört zu einer der Wahrzeichen der Stadt Eisenerz. Der Turm wird als Schichtturm bezeichnet, da die Glocke im Inneren die Arbeiter zur Arbeit bzw. "Schicht" am Erzberg gerufen hat:

Umringt von vier imposanten Berggipfeln und dem pyramidenförmigen Erzberg geht der Ursprung des Ortes Eisenerz weit zurück (bis ca in das Jahr 700), die erste urkundliche Erwähnung war 1230.  Die “Radmeister”, denen die Abbaurechte des Erzes gehörten, hinterließen ab dem Mittelalter einige sehenswerte Bauten in der Stadt. Die "Kirchenburg" bzw. die Wehrkirche St. Oswaldi beeindruckte mich in hohem Maße; sie zählt heute noch zu den größten und sicher schönsten Wehranlagen in Österreich:  

“Immerdares” Eisen wurde den Bewohnern vom Wassermann versprochen, den sie einst gefangen genommen haben. Der Sage nach haben sie sich für seine Freilassung daher für das Eisen und gegen das zeitlich begrenzte Angebot für Gold oder Silber entschieden:

Gold für 10 Jahr’,

Silber für Hundert Jahr’

oder Eisen für immerdar!

Eine kluge Entscheidung, die damals getroffen worden ist, auch heute wird  noch im Tagbau, der immer noch zu größten in Mitteleuropa zählt, Eisenerz abgebaut ("unter Tage" wird seit 1986 nicht mehr gearbeitet), wenn auch mit nur mehr wenigen Arbeitern und vermutlich nicht mehr in alle Ewigkeit. 

Der Ort kämpft vehement gegen sein Verschwinden und das spürt man trotz aller Zeugnisse, die an vielen Stellen der Stadt ihre Spuren hinterlassen. Bröckelnder Verputz weicht mancherorts  renovierten Fassaden - ein "Rückbauprogramm" wird der schwindenden Bevölkerung gerecht.  Der Bergmannplatz im Zentrum gleicht einer Postkartenidylle, zahlreiche Häuser wurden renoviert. Die begünstigte Lage für den Wintersport ist ein positives Asset der Stadt. Erst vor ein paar Tagen wurde ein neues nordisches Ausbildungszentrum eröffnet. 

Glück auf Eisenerz! 

Einfahrt nach Eisenerz, im Hintergrund der Erzberg
Einfahrt nach Eisenerz, im Hintergrund der Erzberg

P.S.: Weitere "Fotospaziergänge" führten mich zu folgenden Orten/Gegenden in der Steiermark, in Kärnten, ins Burgenland, nach Kreta und immer wieder nach Friaul, die hier bereits veröffentlich worden sind: 

 

... weitere Beiträge folgen! 

 

Bilder aus meiner Serie "minimal scenery" finden sich auch käuflich erwerbbar in meiner Galerie von Photocircle. Mit einem Teil des Erlöses unterstützt Photocircle humanitäre Projekte in der ganzen Welt. 


Kommentar schreiben

Kommentare: 0