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Ordnung im Bild

Stephen Shore schreibt in dem überaus lesenswerten Buch "Das Wesen der Fotografie", dass die Fotografie in ihrem Wesen nach eine analytische Disziplin" ist. Er vergleicht die Arbeit des Fotografen mit der eines Malers. Ein Maler beginnt mit einem leeren Blatt Papier oder einer weißen Leinwand und beginnt das Bild zu skizzieren, zu zeichnen, zu malen. Was macht aber ein Fotograf ? 

Als Fotograf findet man selten weiße Flecken, die einem die Basis eines Bildes geben, das abgelichtet werden soll (außer in Tagen wie diesen, wo uns in manchen Regionen der Schnee mehr von der weißen Pracht schenkt, als uns lieb ist...). Als Fotograf finden wir Szenen, sei es auf der Straße oder in der Landschaft, die vorgegeben sind, wo wir dann versuchen nach Regeln der Komposition den richtigen Bildausschnitt zu finden. Es gibt viele Bücher, die sich mit Bildkomposition beschäftigen und wahrscheinlich jeder, der ambitioniert fotografiert, hat sich mit dem Thema schon mehr oder weniger intensiv beschäftigt.

 

Wir unterscheiden uns aber in großem Maße von einem Maler. "Der Fotograf schafft eine Ordnung durch die Wahl eines Blickwinkels, eines Ausschnittes und eines Aufnahmezeitpunktes, und er bestimmt eine Schärfeebene" schreibt Stephen Shore.  

 

Diese Sätze von Stephen Shore fielen mir wieder ein, als ich zuletzt unterwegs war und meinen Blick in der bißchen Winterlandschaft, die ich in der Umgebung von Graz gefunden habe, wieder einmal nach einfachen Motiven ausgerichtet habe. So ist mir wieder stärker bewußt geworden, wie mit der Fotografie ja eigentlich Ordnung geschaffen wird.  Musiker, Maler, schaffen etwas, dass bei 0 beginnt. In der Fotografie finden wir etwas vor und versuchen durch verschiedene Blickwinkel unser Bild zu komponieren. Wir üben uns oft in der Kunst des Weglassens. Wir bemühen uns eine Struktur zu schaffen. 

 

 

Herausfordernd und dadurch spannend, finde ich bei meiner Art der Landschaftsfotografie, die eher minimalistisch gehalten ist, immer wieder die Versuche diese Ordnung zu schaffen. Gerade in unseren Breiten ist die Landschaft ja häufig sehr unstrukturiert. Im Vergleich zur Fotografie von Menschen oder auch Stillleben, wo man ja "umarrangieren" kann, lässt sich in der Natur vieles nicht so leicht ändern. Wie oft begegne ich störenden Elementen, die meine Ordnung, oder soll ich doch sagen "Komposition" erschweren und ich nicht derjenige bin bzw. sein möchte, der in stundenlanger Nachbearbeitung am Computer Veränderungen seiner Bilder vornimmt.

 

 

Und doch finde ich eine Gemeinsamkeit mit dem Maler. Wenn ich durch den Sucher meiner Kamera schaue, versuche ich ich manchmal ganz bewußt den Sucher als Leinwand eines Malers zu sehen (mit dem Display fotografiere ich sehr ungern, für mich müssen meine Kameras alle einen Sucher haben). Im Sucher bemühe ich mich auf Details zu achten, die ablenken, die stören. Das eigentliche Motiv mit dem Blick fixieren und durch den Wechsel des Aufnahmestandortes das Bild zu ordnen, zu strukturieren. Wie oft habe ich mich schon nachträglich geärgert, weil ich beim Auslösen zu schlampig war, mir zuwenig Zeit gelassen habe und ich diese Struktur zu ungenau vorgenommen habe. Meist ist das entdeckte Motiv zunächst in der Bildmitte und hier gilt es dann ob der Begeisterung über das gefundene Motiv, nicht die Umgebung außer Acht zu lassen. Oft hilft es, das Bild am Display, im Sucher von außen nach innen zu betrachten und so Unerwünschtes nicht zu übersehen. 

 

 

Ordnung in der Landschaftsfotografie kann primär nur durch Perspektivenwechsel bzw. Veränderung des Ausschnittes erfolgen. Umso wichtiger ist es, sich daher Zeit zu lassen und die Umgebung des Motives nach dem richtigen Aufnahmestandpunkt zu erkunden. 

Anmerkung: Die Bilder zu diesem Beitrag sind in der Gegend um Semriach (Graz-Umgebung) entstanden. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Bernhard (Samstag, 19 Januar 2019 17:38)

    Der minimalistische Stil gefällt mir.